In der vorangegangenen Folge 73 hatte ich Toni & Charlie in einer Art Umzugskarton ins Weltall geschickt. Beim Vorzeichnen merkte ich, dass die Folge das Potenzial für eine Fortsetzungsgeschichte hat. Wer seine Hauptdarsteller so mir nichts dir nichts in eine Umlaufbahn befördert, der hat irgendwie die verdammte Pflicht, seine Hauptdarsteller auch wieder zurückholen 🤗.
1. Schreiben und Skizzieren der Folge Wiedereintritt
Die Maßgabe für Folge 74 war somit: Bringe die Kinder zurück zur Erde, bitte schön inklusive der üblichen Pointe. Ganz oft konstruiere ich solche Episoden in einer Mischung aus Schreiben eines Drehbuchs, bei gleichzeitigem Entwerfen einer Rohskizze.
Die Rohskizze enthält einen ersten Entwurf für Anzahl und Anordnung der Panels. Hört sich banal an, ist aber manchmal ein ganz schöner Kampf. Wie viele Panels nehme ich? Erfordert die Geschichte eher viele kleine Panels? Wie baue ich die Spannung und das Tempo auf? Das Timing will berücksichtigt sein: manchmal erfordert die Geschichte eine Pause, in anderen Fällen müssen die einzelnen Bilder in hohem Tempo aufeinander folgen, um die Geschichte zu treiben.
Wer spricht welchen Text? Wie müssen die Figuren dazu angeordnet sein, um den Lesefluss zu unterstützen? Wenn in einem Bild eine Figur als erste etwas sagt, dann ist es für den Leser einfacher zu entschlüsseln, wenn diese Figur links steht. Steht sie rechts, dann muss ihre Sprechblase nach links. Hat auch die Person rechts einen Satz zu sagen, dann führt das womöglich zu zwei Sprechblasen, die sich kreuzen. Schlecht für die Lesbarkeit!
Manchmal merkt man, dass die Geschichte besser funktioniert, wenn man zwei Bilder tauscht. Weil wir uns an dieser Stelle noch im Rohentwurf befinden, darf man die neue Bilderabfolge ruhig herzhaft kenntlich machen. Das kann man dann später in der Vorzeichnung berücksichtigen.
Der Cartoonist Michael Jantze hat für diese Phase des kreativen Schaffens den Begriff „Draw-Writing“ geprägt. Und er hat absolut Recht: in dieser Phase verläuft das Texten (writing) und das Skizzieren (drawing) parallel. Das eine unterstützt das andere. Entwerfe ich eine Episode ausschliesslich in Text Form, stelle ich erst beim Skizzieren fest, wenn sich etwas nicht wie gedacht zeichnen lässt. Umgekehrt gilt: beschränke ich mich ausschliesslich aufs Skizzieren, führt das selten zu einer funktionierenden Episode. Vermutlich, weil Toni & Charlie sehr vom Zusammenspielt von Wort und Bild leben.
2. Einpassen der Texte in die Folge Wiedereintritt
Die Folge 74 lebt (wieder mal) von den Dialogen von Toni und Charlie. Dialoge benötigen Platz. Manchmal sogar ziemlich viel Platz.
Abweichend von meiner normalen Arbeitsweise, die Sprechblasen-Texte bei der Bleistiftzeichnung einzusetzen, entschied ich mich in Folge 74 die Texte zuerst zu platzieren.
Seit Folge 66 setze ich die Texte mit Hilfe eines comictauglichen Schriftsatzes am PC. Das geht schneller, auch beim späteren Übersetzen ins Englische.
Im Bild kannst du sehen, wie ich zunächst die Sprechblasen platziert habe. Im übernächsten Schritt habe ich dann die Figuren und ihre ungefähren Positionen eingefügt. So konnte ich sehen, wie viel Platz mir für das jeweilige Einzelbild am Ende blieb. In der letzten Bildzeile kannst du auch feststellen, dass einige Sprechblasen den vorgesehenen Platz im Bild sprengen bzw in das angrenzende Bild hineinragen.
3. Das letzte Panel
Im letzten Bild gipfelt der Streit der beiden Schwestern in einer lapidaren Feststellung von Charlie, welche Toni wiederum nicht auf sich sitzen lassen mag. Mehr noch: wir haben wir wieder einen typischen Cliffhanger. Offensichtlich ist das Abenteuer im Flireka noch nicht abgeschlossen!
Wer das letzte Bild vergrössert, der wird eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schloss, dem Schlossplatz und der Mainschleife von Aschaffenburg feststellen. Ein bisserl Lokalkolorit, mei, des muss schon sein, gell? 😉
So, genug erzählt. Viel Spass mit der neuen Folge!